Paradigmenwechsel in der Bewußtseinsforschung


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Inhaltsverzeichnis


Paradigmenwechsel in der Bewußtseinsforschung

Zur Evolution des Bewußtseins

Auch die einfachsten Organismen, wie etwa die Einzeller, stehen mit der Umwelt in Wechselwirkung. Als ein stoffwechselndes System im Fließgleichgewicht sind sie auf Nahrung aus der Umwelt angewiesen. Da sie also nicht im Vacuum leben, stehen die Organismen außerdem mit dem sie umgebenden Wasser oder der Luft in fortwährender Berührung. Aber auch den Sonnenstrahlen und anderen elektromagnetischen wie auch chemischen Einwirkungen ist der Organismus ausgesetzt. Aus der langen Wechselwirkung zwischen Organismus und Umweltreizen bildeten sich die verschiedenen Sinnessysteme für unterschiedliche Umweltreize, auf die der Organismus als Nahrung angewiesen war oder die er vermeiden mußte, weil sie gefährlich waren. In beiden Fällen mußten Sensoren ausgebildet werden, die über Interneuronen den motorischen Zellen automatisch das Signal für das angeborene Verhalten von Fliehen oder Annäherung gaben.

Die Phylogenese der symbolischen Information

An diese lange zurückliegende Wechselwirkung zwischen Organismus und Umweltreizen muß deshalb erinnert werden, weil daraus die Sinnessysteme und ihre Abstimmung mit den physischen Reizen hervorgingen. Aber während die Umweltreize als Energiequelle und Nahrung vom Organismus durch den Mund aufgenommen wurden, wurden die Sinnessysteme zu Organen, die nicht den Umweltreiz selbst, sondern die Information über ihn empfingen. Nur bei Pflanzen dienen die Photorezeptoren noch der Energieaufnahme. Die Umwelt der mehrzelligen Organismen wurde erweitert und die Reize, auf die der Organismus reagieren mußte, um zu überleben, wurden immer bunter und vielfältiger, sodaß der Organismus auf Grund von Versuch und Irrtum sowie Selektion Reizfilter im Rezeptorsystem entwickelte, die auf Reizkombinationen und Reizrelationen abgestimmt waren, die eine biologische Bedeutung für den Organismus hatten. Diese Kombinationen und Relationen von Reizen erfolgten durch die Sinnessysteme, die die Reize nach bestimmten Kategorien auswählten, die von biologischen Faktoren determiert sind. Bei der Ausbildung der Sinnesqualitäten im Laufe der Evolution bildete die Invariantenbildung eine wichtige Rolle, denn die Wiedererkennung einer Nahrung oder eines Raubtiers unter verschiedenen Beleuchtungs- und Umweltbedingungen war für das Überleben entscheidend. Dafür war es von Vorteil, wenn die Sinnessysteme die Reize selbst über die Sinnesfilter mit selbstgenerierten Zeichen markieren konnten. Der Mechanismus hat sich als evolutionsfähig erwiesen.

Wir begegnen schon sehr früh der bunten Welt von Blüten, Farben, Lauten, Formen und Düften, die aus der Wechselwirkung zwischen Insekten und ihrer Umwelt entstanden ist. Die Frage, ob z.B. die Bienen nur auf elektromagnetische Wellenlängen, also auf physische Reizeigenschaften antworten oder tatsächlich auf Farben reagieren, konnte v. Frisch experimentell dahingehend beantworten, daß sie tatsächlich auf die gleichen Farben bei wechselnder Beleuchtung und Wellenlänge anworten.

Nun existieren Farben ebensowenig wie Licht und die anderen Sinnesqualitäten in der Umwelt: sie sind ein Produkt des Sinnessystems, das sie mit seinen Filtern auswählt. Die Sinnesqualitäten in Insekten und anderen Invertebraten sind die Projektionen des sensorischen Filters auf den physischen Reiz, der auf diese Weise für das Sinnessysstem zum Träger der symbolischen Information wird. Der sensorische Filter ist zugleich Projektor und Rezeptor der Sinnesqualitäten. Das Sinnessystem verarbeitet die Reizsignale in seinen Analysatoren, sodaß es nur auf bestimmte Farben oder bestimmte Lautfolgen reagiert.

Die Sinnessysteme haben mit diesen Filtern und Analysatoren eine völlig neue Form der Information erfunden: an Stelle der physischen Eigenschaften, die über die Sinneskanäle nicht übertragbar sind, wurde eine Vertretung für sie in den herausgefilterten Sinnesqualitäten gefunden und erzeugt. Eine solche Vertretung nennt man auch "Symbol", deshalb kann man die Sinnesqualitäten als Elemente oder Zeichen der symbolischen Information bezeichnen.

Wie die erwähnte Welt von Farben, Lauten, Düften der Insekten nahelegt, haben die sensorischen Filter der Sinnesqualitäten außer der Filter- noch eine Projektionsfunktion der Sinnesqualitäten auf die physischen Umweltreize, die die Tiere nur durch die "Brille" der Sinnesqualitäten erfassen; d.h. die Umweltdinge erscheinen den Insekten in einer von ihnen selbst erzeugten Gestalt. Die symbolische Information bedarf eines materiellen Trägers. Durch die Projektion der Sinnesqualitäten auf den physischen Reiz wird dieser auch zum Träger der Sinnesqualitäten, sodaß sie in dieser Erscheinungsweise von den Sinnen erfaßt und empfangen werden können. Anders wäre die Entstehung der erwähnten Welt der Farben, Blüten, Düfte der Insekten nicht zu erklären.

Die ganze visuelle Welt beruht auf einer Art Projektion: das Auge empfängt nicht die Wellen, die das physische Objekt aufnimmt und sich assimiliert, sondern nur die, die es zurückstrahlt oder abstößt und die nicht in den physischen Körper eindringen. Der physische Körper erscheint dem Auge also nicht selbst, sondern nur als eine Projektion der nicht von ihm absorbierten Wellen.

Auch der sensorische Filter hat die Eigenschaft einer Brille im visuellen Bereich, durch die die Umwelt verzerrt oder scharf, rot oder dunkel gesehen wird. Der Filter wurde in Wechselwirkung mit der Umwelt von der Evolution ausgewählt. Wenn die durch die sensorischen Filter empfangenen Reize dessen Eigenschaften annehmen, so sind diese Sinnesqualitäten noch keine Zustände des Organismus, obwohl seine Sinnessysteme an deren Erzeugung in Interaktion mit dem Reiz beteiligt sind. Die symbolische Information der Sinnesqualitäten ist auf dieser Stufe das Produkt von zwei materiellen Systemem oder Mechanismen, nämlich dem Umweltreiz und dem Sinnessystem und erlangt nur dadurch eine vom Filter getrennte Existenz, daß sie von ihm auf den physischen Reiz projiziert wird und dieser für das Sinnessystem zu ihrem Informationsträger wird. Die symbolische Information existiert nur in einem materiellen Träger, der für sie also ein unerläßlicher Bestandteil ist. Sobald in der Kette der Umcodierung, die im folgenden beschrieben wird, die Reihe der materiellen Träger unterbrochen wird, verlieren wir auch den Kontakt mit der Information.

Dieser vorbewußte Ursprung der symbolischen Informationen aus der Wechselwirkung des Sinnessystems mit den Umweltreizen, deren symbolische Elemente oder Zeichen die Sinnesqualitäten sind, ist auch für die Entwicklung des Bewußtseins und dessen "Sprache" maßgebend. Denn das höher entwickelte Hirn der Säugetiere mit seinem kognitiven Apparat oder Organ kann sich die für die zentrale Verhaltenssteuerung benötigte Information über die Außen- und Umwelt nur mit Hilfe der bereits ausgebildeten Symbole der Sinnesqualitäten aneignen; d.h. der Organismus erfindet nicht von neuem eine symbolische Information über die physischen Eigenschaften der Umweltreize. Das "Bewußtsein" wird zu einem unlösbaren Rätsel, wenn seine Erzeugung allein dem neuralen Netzwerk zugeschrieben und die vorausgehende Entwicklung außeracht gelassen würde. Die Symbole der Information, nämlich die Sinnesqualitäten, entstammen nicht dem Bereich des neuralen Netzes, das mit Nervenimpulsen und Potentialen der Neuronen kommuniziert und die Informationen in Erregungsmustern von Neuronen speichert und codiert.

Die Neuronen und Neuronenmuster sind nicht selbst die Information, sondern nur Träger der Information. Die symbolische Information hat also ihren Ursprung außerhalb ihres Trägers. Die Informationsquelle für das neurale Netz sind die Sinnessysteme mit ihren Rezeptoren; ein von den Sinnessystemen abgeschnittenes neurales Netz kann nicht aus sich selber Informationen erzeugen; sogar für die Information über den eigenen Erregungszustand braucht das Nervensystem ein Sinnessystem. Das Nervensystem hat also ohne Sinnessystem keine Information, weder über den eigenen Zustand noch über die Umweltreize. In der Tat, erfährt der Organismus nichts über die Prozesse, die unbewußt und nach Programm im Nervensystem selbst ablaufen. Manche Neurowissenschaftler übersehen diesen Sachverhalt und schreiben dem Nervensystem ihr Expertenwissen zu. Das Nervensystem ist aber als Signalempfänger von den Sinnessystemen ein unübertroffener Informationsspeicher und -verarbeiter.

In den Invertebraten sind die Sinnessysteme über Interneuronen direkt mit den Effektoren verbunden: die Reizsignale werden auf ihre Sinnesqualitäten analysiert, dann aber unmittelbar auf die motorischen Zellen übertragen, die auf diese Signale mit angeborenen Bewegungsmustern reagieren.

Schon die Invertebraten können über häufiger benützte Erregungsbahnen die Verknüpfungen zwischen Neuronen verstärken und auf diese Weise ohne kognitiven Apparat lernen, wenn auch nur in engen Grenzen. Aber abgesehen von den genetisch programmierten sensorischen Filter- und Analysezellen haben Invertebraten noch keine Speicher, in denen neu aufgenommene Informationen für den späteren Abruf aufbewahrt werden. Das Gedächtnis der Invertebraten besteht noch in der variablen Stärke der synaptischen Verbindungen zwischen den Neuronen.

Die Bildung kortikaler Informationsspeicher und des neuralen Codes

Die Entwicklung des kognitiven Apparats war notwendig, damit der Organismus sich von den Informationen über die Außen- und Umwelt bei seinem Handeln leiten lassen konnte, um das von den Genen vorgeschriebene und weniger anpassungsfähige Verhaltensprogramm durch Lernprozesse zu erweitern. Es bedurfte einer langen Entwicklung, bis die Organismen im kortikalen Netzwerk einen Informationsspeicher und -analysator erlangten und bis im retikulo-thalamo-kortikalen Aktivierungssystem eine Zentralisierung ihres Antriebs erfolgte. Erst die so ausgerüsteten Organismen schafften es, die symbolischen Informationen aufzunehmen und in einem Speicher aufzubewahren.

Der Organismus bildete im Laufe der Evolution einen neuralen Apparat aus, um auf diese symbolischen Informationen nicht nur zu reagieren, sondern um diese Sinnesqualitäten als Elemente einer internen Sprache zu benützen, um mit ihrer Hilfe unbegrenzt neue Symbole für Objekte und Ereignisse, ähnlich wie die menschliche Sprache, auszubilden .

Diesem Zwecke diente u.a. das neokortikale Netzwerk, das mit seinen primären und sekundären sensorischen Feldern das periphere Sinnesrezeptorsystem im Kortex repräsentiert und seine Analyse- und Filterfunktion in verfeinerter Weise fortsetzt: z.B. umfaßt das visuelle System im Okzipital- und Temporalhirn sechs verschiedene Felder, V1 bis V6 , in denen Lichtunterschiede, Farben, Orientierung und Bewegung sowie Form und Kanten eines Gegenstandes in spezialisierten Feldern und Neuronenverbänden getrennt analysiert werden. Diese Analyse der aus den rezeptiven Feldern des Sinnesrezeptors übersandten Signale ist eine Fortsetzung der Filterfunktion des Sinnessystems, durch die die vielen Sinnesqualitäten ausgewählt werden, bevor der eigentliche Sehakt stattfinden kann. Diese unbewußte Analyse der kortikalen Sinnesfelder ist im Unterschied zur Hirnorganisation der Invertebraten nicht über Interneuronen direkt mit der Motorik oder den Effektoren verknüpft. Die neuralen Repräsentanzen oder die kortikalen Sinnesdetektoren stellen den neuralen Code der Sinnesqualitäten dar, der noch in die ursprüngliche symbolische Information der Sinnesqualitäten entschlüsselt werden muß, um mit semantischer Bedeutung verknüpft zu werden.

Die präattentive Phase

Diese vorbewußte präattentive Analyse geht bis zur ersten Abspeicherung einer \Information jeder bewußten Wahrnehmung voraus und nimmt ca. 60 ms Latenzzeit in Anspruch. Die Signale werden über das lemniskale Nervensystem vom Rückenmark über zwei Synapsen den sensorischen Feldern des Kortex zur Analyse gesandt. Am genauesten ist dieser Prozeß im visuellen System untersucht.

In der präattentiven Orientierungsphase geht sowohl vom Organismus, bzw. seiner Steuerinstanz, wie vom Reiz eine vorbereitende Erregung des Aktivierungssystems selbst und eine erhöhte Erregung sensorischer Felder aus. Die Ausrichtung von Körper und Sinnen auf den Reiz erfolgt sowohl über sensomotorische als auch über aminerge und cholinerge Bahnen des retikulären Hirnstamms, die die Neurotransmitter Noradrenalin, Dopamin, Serotonin und Acetylcholin wahrscheinlich in die extrazelluläre Flüssigkeit kortikaler Felder ausschütten, um bestimmte Areale durch das erhöhte Erregungsniveau auf die Aufnahme und Verarbeitung von sensorischen Signalen vorzubereiten. Aber auch der Reiz versetzt über Abzweigungen der sensorischen Bahnen an Neuronen des retikulären Systems ausgewählte Neuronenverbände in einen erhöhten Erregungszustand, der zuerst in langsam ansteigenden Potentialen der Großhirnrinde, den sogenannten Erwartungspotentialen, in Erscheinung tritt, bis die sensorischen Felder den benötigten Aktivierungsgrad erreichen, der als Voraktivierung für die Aufnahme der sensorischen Signale interpretiert wird. Diese präattentive Voraktivierung geht dann mit den Komponenten N 100 bis P 300 der exogenen oder endogenen ereignisbezogenen Potentiale in den Zustand der bewußten Aufmerksamkeit mit einer Latenzzeit zwischen 70 und 500 ms über. In dieser präattentiven Phase beginnt die unbewußte Verarbeitung der Sinnessignale in den Sinneszellen zu Sinnesdetektoren und die dafür zuständigen sensorischen Neuronenverbände müssen für diese Tätigkeit aktiviert werden. Erst nach dieser Vorbereitung kann der mit dem Reiz abgestimmte Sinnesapparat zentrifugal auf den Reiz gerichtet werden und die Sinneswahrnehmung stattfinden. Uneinig sind sich die Forscher über die Latenzzeit von der Reizung bis zur bewußten Empfindung. Im Unterschied zu den erwähnten 60 ms hat Libet eine Latenzzeit von 500 ms festgestellt. Wie dem auch sei, sicher ist, daß von der Reizung bis zu ihrer Bewußtwerdung mehr Zeit vergeht, als das Signal benötigt, um von der Peripherie in den Kortex zu gelangen, auch wenn es über zwei oder drei Synapsen geschaltet ist. Diese Zeit benötigt das Hirn, um die Signale zu Detektoren zu verarbeiten.

Im vorbewußten Sinneseindruck der präattentiven Phase der Sinnesempfindung löst der Sinnesreiz die Detektorbildung im Kortex aus, d.h. ein Neuron oder eine Neuronengruppe wird über Signale des Sinnessystems auf eine Sinnesqualität abgestimmt, sodaß diese Zelle oder Zellgruppe als Detektor für bestimmte Sinnesqualitäten fungiert; diese Detektorfunktion wird sowohl in einer "Bahnung" als auch in einem Erregungsmuster gespeichert, sodaß man auch von einem neuralen Code der Sinnesqualitäten sprechen kann.

Die präattentive Aufmerksamkeit ist ein Vorgang, der sich noch unbewußt auf der Ebene des Nervensystems abspielt. Erst mit der Sinneswahrnehmung erschließt sich der Aufmerksamkeit eine Information als ihr Objekt, auf das sie sich ausrichten und mit dem sie operieren kann, erst dadurch wird die präattentive zur bewußten Aufmerksamkeit eines kognitiven Systems.

Das retikulo-thalamo-kortikale System (=Aktivierungssystem)

Die präattentive Sinneserregung hat die Aufgabe, daß der Reiz unbewußt vom Sinnessystem mit Einschluß der kortikalen Sinnesfelder analysiert wird, sodaß das Sinnessystem zur Filterung des Reizes und zur Projektion der so gefilterten Sinnesqualitäten auf den Reiz eingestellt werden kann. Die präattentive Aufmerksamkeit geht der bewußten Sinnesempfindung voraus; sie ist die Focussierung, Konzentration oder Erhöhung der Erregung oder Aktivierung eines sensorischen Areals mit sensorischen oder motosensorischen Funktionen. Diese Erregung der Aufmerksamkeit geht vom Aktivierungssystem und seiner unspezifischen Erregung aus, das sensomotorische Felder ein- und ausschaltet und aktivierte Neuronenverbände in seine Funktionseinheit einbezieht. Daraus ergibt sich die enge Beziehung des Aktivierungssystems zur Aufmerksamkeit, sodaß es selber als Aufmerksamkeitssystem bezeichnet wird. Seine mehrfachen und reziproken Erregungsbahnen erstrecken sich vom Hirnstamm über das limbische System zum präfrontalen Kortex; eine andere Bahn läuft vom retikulären System des Hirnstamms über die intralaminaren oder unspezifischen Thalamuskerne zu den oberen Schichten sowie zu Schicht VI der kortikalen Kolumnen, die in Schicht IV die lemniskalen sensorischen Bahnen aufnehmen (Newman/Baars 1993).

Da schon öfter die Rede vom Aktivierungssystem war, muß diese neuroanatomische Neubildung der Vertebraten kurz vorgestellt werden: erst 1949 entdeckten G. Moruzzi und H.W. Magoun im Hirnstamm ein Gebilde, das keine spezielle sensorische oder motorische Aufgabe hat und deshalb so lange übersehen werden konnte. Seine Rolle aber war umfassend: es stellte sich immer mehr als ein zentrales Antriebssystem des gesamten Organismus heraus, in dem der Erregungszustand des Organismus sowohl registriert wie geregelt wird; es bildet mit dem limbischen oder vegetativ-viszeralen System mit Einschluß des Hypothalamus eine enge Funktionseinheit; es setzt sich in den unspezifischen und intralaminaren Thalamuskernen fort und steht über zwei Bahnen mit kortikalen Strukturen, vor allem mit dem limbischen präfrontalen Hirn in Verbindung. Dieses Aktivierungssystem verfügt über eigene Bahnen der unspezifischen Erregung, über die es Kontroll- und Steuerungsfunktionen auf sich selber, aber ebenso auf die sensorischen und motorischen Systeme auszuüben vermag. Wegen dieser hervorgehobenen Stellung und seiner Kontrollfunktionen hat es im ZNS gewissermaßen die Rolle eines Metasystems.

Dem Aufmerksamkeitssystem stehen sensorische Felder im parietalen und frontalen Kortex sowie im Bereich des supplementären motorischen Areals von Area 6 zur Verfügung: das frontale Augenfeld ist das bekannteste Beispiel. In unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen sensorischen Feldern mit Aufmerksamkeitsfunktionen befinden sich Hand-Arm- und ähnliche sensorische Felder, die alle der Ausrichtung von Körper und Sinnessytemen auf einen Reiz dienen. Es gibt mehrere Augenfelder (präfrontales, supplementäres, parietales Feld); ähnliches gilt auch von den anderen Sinnessystemen. Es gibt auch mehrere Hand/Arm-Felder in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Augenfeldern. Diese Nachbarschaft weist auf eine gekoppelte Augen-Hand/Arm-Steuerung durch das Aktivierungssystem hin. Die prämotorischen Zellen des Hand/Arm-Feldes (der vordere Teil von Area 6) feuern bei absichtsvollen Handbewegungen wie absichtsvollem Greifen; aber auch wenn der Mund zu ähnlichen absichtsvollem Verhalten benützt wurde. Diese Neuronen feuerten, auch wenn der ipsi-laterale Arm oder der Mund benützt wurde; das bedeutet, daß die Neuronen keine Muskeltätigkeit anzeigen. Das zeigte sich auch, wenn diese Muskeln zu motorischen Handlungen benützt wurden: die Neuronen blieben dann stumm. Durch Reizung der Arm/Hand-Felder wurden auf der Gegenseite koordinierte, stereotypische Armbewegungen ausgelöst. Durch diese Felder der selektiven Aufmerksamkeit erfolgt die Ausrichtung von Körper und Sinnen auf den Reiz (G.M. Edelman et al. 1990). Diese und die vorausgehenden Ausführungen sind eine Stütze für die Annahme, daß dem Aktivierungssystem eine Reihe solcher über den Kortex verteilter sekundärer sensomotorischer Augen-, Hör- u.ä. Felder für seine zentrale sensorische Aufmerksamkeits- und Steuerfunktion zur Verfügung stehen. Über sie wird der Vorgang der Sinnesempfindung und -wahrnehmung eingeleitet. Diese Felder und Strukturen sind dem Metasystem untergeordnet. Neuronen dieser Felder gehen den sensomotorischen Erregungen voraus. Über diese kortikalen Felder, die mit den Colliculi superiores sowie mit den retikulären Kernen des Hirnstamms verbunden sind, werden die motorischen Muskel der Sinnesrezeptoren so auf den Reiz ausgerichtet und eingestellt, daß sie auch dem sich bewegenden Reiz folgen können. Am Beispiel des Blicks wurde dieser Vorgang genau untersucht (Ch.J. Bruce 1990). Die Frage ist nun, wie der Blick sehend wird und die anderen Sinne zu bewußten Empfindungen und Wahrnehmungen gelangen.

Die Bildung der symbolischen Information war nur in einem Organismus mit einer gewissen Zentralisierung des Antriebs und Verhaltens durch das retikulo-thalamo-kortikale Aktivierungssystem möglich, das den Organismus zu aktivem Handeln befähigte.

Die tatsächliche Beteiligung dieses Aktivierungssystems an bewußten Sinnesempfindungen und -wahrnehmungen, an Erinnerungen und Vorstellungen stützt sich auf folgende unbestrittene Forschungsergebnisse:

  1. Bei vollständiger Unterbrechung der unspezifischen Erregung zwischen den intralaminaren Thalamuskernen und den kortikalen Sinnesfeldern tritt Bewußtlosigkeit ein; dasselbe geschieht auch bei vollständigem Ausfall des retikulären Systems des Hirnstamms und der unspezifischen Thalamuskerne (R. Hassler 1978).
  2. Werden einem Säugetier im Hirnstamm die Kollateralen, d.h. die Abzweigungen der lemniskalen sensorischen Bahn zu den retikulären Kernen des Hirnstamms unterbrochen, so beachtet das Tier keinen Reiz mehr, obwohl die sensorischen Signale im intakten Kortex ankommen und nachweisbar sind (D.B. Lindslay 1957).
  3. Nach Durchtrennung des retikulären Mittelhirns verlieren die decerebrierten Tiere die Fähigkeit des aufmerksamen und zentral gesteuerten Verhaltens (S. Grillner 1990).
  4. Voraussetzung für bewußtes Verhalten des Menschen ist die gleichzeitige Aktivierung der kortikalen Kolumnen der Sinnesfelder u. zwar der oberen Schichten sowie von Schicht VI durch die unspezifische Erregung des Aktivierungssystems und von Schicht IV durch die spezifische sensorische Erregung. Wird eine dieser Bahnen vollständig unterbrochen, fällt die bewußte Wahrnehmung aus (J. Newman and B.J. Baars 1993).
Bewußtes Verhalten resultiert also aus der synchronen Interaktion von zwei Systemen: nämlich des retikulo-thalamo-kortikalen Aktivierungssystem (auch Metasystem genannt) mit dem spezifischen sensomotorischen System.

Die meisten Neurophysiologen, die sich mit der Erklärung des Bewußtseins beschäftigen, haben inzwischen die Rolle des retikulären Aktivierungssystems bei den bewußten Vorgängen der Aufmerksamkeit, der Sinneswahrnehmung und der Erinnerung erkannt. Aber Edelman, Crick und viele andere erklären nicht, wie das neurale Netzwerk und seine Prozesse bewußtes Verhalten hervorbringen, sondern beschreiben meisterhaft die neuralen Prozesse, die das bewußte Verhalten begleiten. Aber diese Beschreibung erfolgt noch ganz im Rahmen des psychophysischen Parallelismus, dem die Kategorien fehlen, um z.B. die Stellung des retikulo-thalamo-kortikalen Aktivierungssystems in das umfassendere System des Gesamtorganismus einzuordnen; sie bleiben mit ihrer Beschreibung und Analyse auf der Ebene des neuralen Netzwerks und seiner Prozesse stehen, die parallel zu den bewußten Vorgängen ablaufen. M.a.W. es genügt nicht, mit dem psychophysischen Parallelismus allein die Synchronizität der Interaktion zwischen dem unspezifischen Aktivierungs- und dem spezifisch-sensorischen System bei bewußtem Verhalten festzustellen. Erst der Nachweis der aktiven Steuer- und Kontrollfunktion, die das retikulo-thalamo-kortikale Aktivierungssystem auf den spezifischen Sinnesapparat mit Einschluß der kortikalen Sinnesfelder bei bewußten Vorgängen (Empfindung, Wahrnehmung, Erinnerung usw.) ausübt, überwindet die Position des psychophysischen Parallelismus, da diese Systemeigenschaften die Eigenschaften des neuralen Netzwerks überschreiten.

Ohne Wechselwirkung mit dem Außenreiz findet keine Entschlüsselung des neuralen Codes statt

Obwohl der präattentive Sinneseindruck, der der bewußten Wahrnehmung vorausgeht und der Ausbildung des kortikalen Sinnesdetektors durch die Analyse der Reizsignale in den verschiedenen sensorischen Feldern dient, häufig von Neuropsychologen und Neurophysiologen untersucht, dokumentiert und nachgewiesen wurde, wird die Bedeutung dieses Vorgangs nicht besonders beachtet. Für das hier vorgestellte Erklärungsmodell der Wahrnehmung aber ist die präattentive Reizanalyse dieVoraussetzung, daß das Aktivierungssystem das Sinnessystem mit seinen mit dem Reiz abgestimmten Filtern auf diesen auszurichten vermag, um die Sinnesqualitäten vom Reiz abzulesen. Viele bekannte Forscher sind der Meinung, daß die sensorischen Felder des Kortex nicht nur die unerläßlichen Analysatoren der Reizsignale, sondern darüber hinaus die Erzeuger der Sinnesqualitäten sind, z.B. der Farben-, Bewegungs- und Orientierungskategorie im visuellen System. Sie berufen sich dabei auf die Beobachtung, daß bei ihrem Ausfall auch die entsprechende Sinnesqualität ausfällt. Dieser Sachverhalt wird natürlich nicht in Frage gestellt, wohl aber diese Interpretation, denn der kortikale Analysator ist zwar eine unerläßliche und notwendige Voraussetzung für die Sinneswahrnehmung, aber er genügt nicht; das Sinnessystem mit dem kortikalen auf den Reiz abgestimmten Sinnesdetektor muß noch auf den physischen Reiz ausgerichtet werden, um die Sinnesqualitäten zu entschlüsseln. Die Sinnesqualität wird nur in dieser Begegnung von physischem Reiz und damit abgestimmtem Detektor in einem rückgekoppelten Erregungskreis erzeugt und vom Gesamtsystem wahrgenommen.

S. Zeki u.a. schreiben hingegen den sensorischen Feldern des Kortex die Fähigkeit zu, die verschiedenen Sinnesqualitäten wie Licht, Farbe, Töne, Düfte zu erzeugen ("transforming the signals reaching it to generate constructs that are the property of the brain, not of the world outside and thus in a sense labeling the unlabeled features of the world in its own code"). Das wäre natürlich die einfachste Lösung; ihr widerspricht aber, daß von Geburt an Blinde oder Taube nicht durch elektrische Reizung ihrer intakten sensorischen Felder sehend oder hörend werden. D.h. es genügt nicht einfach, daß die Reizsignale die sensorischen Hirnfelder erreichen und dort analysiert und von den kortikalen Filtern zu Sinnesdetektoren für ausgewählte Sinnesqualitäten umgewandelt werden; diese Sinnesdetektoren müssen vielmehr zurück auf den Reiz gerichtet werden, denn nur in seiner Gegenwart kann das Sinnessystem mit seinen abgestimmten Filtern aus dem physischen Reiz die Sinnesqualitäten extrahieren.

Melden die Sinnessysteme und das retikuläre Aktivierungssystem einen Reiz bei gleichzeitiger Aktivierung des entsprechenden kortikalen Sinnesdetektors, so richtet das Aktivierungssystem diesen kortikalen Detektor zusammen mit seinem Sinnessystem auf den Reiz aus. In dieser zentrifugalen Erregung durch die zentrale Steuerung ereignet sich Folgendes: Das Sinnessystem läßt den Reiz nur über seine Filter in Erscheinung treten, d.h. die Sinnessysteme erfassen nur die eigene Projektion auf den Reiz, nämlich die selbst generierten Sinnesqualitäten. Aber es handelt sich dabei nicht um ein zufällig-willkürliches Erzeugnis des Gehirns, wie manche annehmen. Die symbolischen Informationen, nämlich die Sinnesqualitäten, können nur in Gegenwart des physischen Reizes vom Sinnessystem generiert werden. Vom Gehirn erfundene Symbole wären ein innerer Widerspruch, denn sie vertreten keine andere physische Realität. Wie erwähnt, ist es nicht möglich, durch elektrische Reizung der kortikalen Sinneszellen bei einem von Geburt an Blinden oder Tauben die Empfindung von Sinnesqualitäten auszulösen, auch wenn die kortikalen Sinnesfelder intakt sind. Hat der Organismus jedoch schon diese Sinneserfahrungen gemacht, also schon einmal Farben gesehen oder Laute gehört, so können die Erfahrungen auch durch elektrische Reizung der kortikalen Speicher ausgelöst werden, wie die Experimente von Penfield, Libet u.a. gezeigt haben. Die erste Sinneserfahrung kann also nur in der Begegnung des Sinnessystems mit dem Reiz der Außenwelt erfolgen. Das gilt sogar für die sogenannten Innenreize des limbischen Systems, die zuerst einmal den Umweg über interozeptive Bahnen des peripheren oder vegetativen Nervensystems nehmen müssen, um sensorisch dem Kortex gemeldet und dort gespeichert zu werden.

Außer den genannten Gründen sprechen noch folgende Tatsachen gegen die Annahme, daß die Reizsignale vom Gehirn allein in Sinnesqualitäten umgewandelt würden: Finnische Forscher stellten fest, daß das primäre visuelle Feld des Kortex bei Blinden vom akustischen Sinn benutzt wird. "Bei Gehörlosen werden die Bereiche des Schläfenlappens, die normalerweise für die Lautverarbeitung zuständig sind, statt dessen zur Verarbeitung visueller Informationen benutzt" (R. Ornstein - R.F. Thompson). In Paris wurden von Michel Imbert und Chr. Matin von der Universität Pierre et Marie Curie einem Hamster nach der Geburt, da bei diesen Säugetieren das Wachstum des Gehirns noch nicht ganz abgeschlossen ist, die Nervenverbindungen der visuellen Bahn zwischen Thalamus (seitlichem Kniehöcker) und dem visuellen Feld des Kortex getrennt; die visuellen Nerven wurden dann mit den ebenfalls durchgetrennten somatosensorischen Bahnen verbunden, so daß die visuellen Signale in den somatosensorischen Feldern des parietalen Kortex endeten. Nach einer gewissen Erholungszeit konnten die Forscher aus dem parietalen Feld visuelle Signale ableiten; das visuelle Verhalten des Hamsters unterschied sich nicht von dem normaler Tiere.

Aus diesen Experimenten kann man nur folgern, daß Licht, Farben, Laute und andere Sinnesqualitäten nicht von den sensorischen Feldern des Kortex allein generiert werden können; daß die Analyse- und Filtereigenschaften der kortikalen Felder in Wechselwirkung mit den peripheren Sinnesrezeptoren auf Grund von Verbindungen zwischen den rezeptiven Feldern und den kortikalen Repräsentanzen ausgebildet werden; daß die Ausübung der Filterfunktion des Sinnessystems nur am Umweltreiz möglich ist und daß die Filterfunktion sich nur in der Wechselwirkung dieser komplementären Teile zur Erzeugerfunktion der Sinnesqualitäten wandelt.

Die Mechanismen der Informationserzeugung

Die symbolische Information hat ihren Ursprung in der Wechselwirkung zweier materieller Systeme, nämlich des physischen Reizes und des Sinnessystems. Im Laufe der Evolution haben sich beide in Wechselwirkung assimiliert und adaptiert und zu zwei komplementären Systemen entwickelt: sowohl die physischen Reizeigenschaften, die den Vorhof des Rezeptorsystems passieren, als auch die Filter der Sinnessysteme sind aufeinander abgestimmt. Die Sinnesqualitäten sind emergente Produkte der Wechselwirkung zwischen physischem Reiz und Sinnessystem. Der physische Reiz wird durch die Projektion der Sinnesqualitäten auf ihn zu ihrem Träger, denn die symbolischen Informationen brauchen einen materiellen Träger. Das Sinnessystem liest oder tastet also von diesem Träger die selbst erzeugte symbolische Information ab.

Diese vorbewußte Informationsbildung und -übertragung erfährt in den Säugetieren dadurch einen Wandel, daß das Sinnessystem zum Organ eines handlungsfähigen Organismus wird. Das Sinnessystem wird nach der vorbewußten Abstimmung mit dem Reiz von der neuralen Zentralinstanz erneut mit dem Reiz konfrontiert, etzt aber als Organ der Aufmerksamkeit, das von dieser Zentralinstanz des Organismus gesteuert wird.

Der Zustand der Sinnesqualitäten im Träger des physischen Reizes ist auch der einzige entschlüsselte Zustand der Sinnesqualitäten, zu dem das Gehirn über die von ihm gesteuerten Sinne in der Empfindung oder Wahrnehmung direkten Zugang hat. Ohne diese sensorischen Vorgänge nimmt das Gehirn keine entschlüsselten Sinnesqualitäten wahr und ohne Empfindung von Sinnesqualitäten gibt es auch kein Innen, keine psychische oder mentale Welt, d.h. erst mit den Empfindungen von Sinnesqualitäten beginnt sich Subjekt und Objekt zu scheiden. Die selbstgenerierten Zustände der Sinnesqualitäten bleiben dem Gehirn so lange verborgen oder unbewußt, bis sie dem Sinnessystem im physischen Informationsträger als Objekt von außen gegenübertreten und zugänglich werden. Dies geschieht gewissermaßen durch eine List der Evolution, deren Erfindungsreichtum unerschöpflich ist: die gleichen sensorischen Filter, die dem Sinnessystem erlauben, sowohl die Sinnesqualitäten auf den physischen Reiz zu projizieren wie auch diesen zu ihrem Informationsträger zu machen, sind es, die diese selbstgenerierten Sinnesqualitäten an ihm ablesen oder wahrnehmen, weil sie wie der Schlüssel zum Schloß zu ihm passen.

Aber nicht nur die Sinnesrezeptoren und sensorischen Filter bilden mit den von ihnen selbsterzeugten und auf den physischen Reiz projizierten Sinnesqualitäten einen Schlüssel-Schloß-Mechanismus, sondern auch der kortikale Sinnesdetektor ist ebenso mit diesen auf den physischen Reiz projizierten Sinnesqualitäten wie der Schlüssel zum Schloß abgestimmt. Die kortikalen Detektoren und die sensorischen Filter sind komplementäre Systeme und bilden selbst eine Funktionseinheit. Für die Übertragung der symbolischen Information von außen in das Gehirn hat die Evolution eine Kette von komplementären Systemen ausgebildet, über die die symbolische Information von einer Ebene auf eine höhere übertragen und umcodiert wird, ohne jemals den materiellen Träger auch nur vorübergehend zu verlieren: der Sinnesrezeptor und der kortikale Sinnesdetektor sind solche komplementären Systeme, über die die gleiche symbolische Information in ihrem entschlüsselten Zustand vom physischen Träger auf ihren neuralen Code im Kortex übertragen wird. Da schon in der embryonalen Entwicklung und in der folgenden Lernphase die Komplementarität oder Abstimmung zwischen dem peripheren Rezeptor- und dem kortikalen Detektorsystem stattgefunden hat, genügt zwischen beiden der denkbar einfachste neurale Frequenzcode: an oder aus, erregt oder inhibiert. Werden komplementäre Systeme erregt, so sind sie miteinander abgestimmt und aufeinander bezogen oder selbstreferent.

Das Prinzip der Entschlüsselung in der Sinnesempfindung besteht darin, daß die Zentralinstanz über die unspezifische Erregung den Sinnesdetektor und das Sinnessystem auf den Reiz ausrichtet: der Detektor "erkennt" bei dieser Begegnung mit dem physischen Informationsträger die mit ihm abgestimmten Sinnesqualitäten, weil beide zusammen passen. Der alte Schlüssel-Schloß-Mechanismus lebt in fortgeschrittener Form in dieser Erkennung weiter, die an die Erkennung des Rezeptors durch den Liganden erinnert. Die Information wird vom Informationsträger, dem physischen Reiz, auf den neuralen Träger, den Detektor über den mehrfach rückgekoppelten Erregungskreis zwischen peripheren Sinnesrezeptoren und kortikalen Sinnesdetektoren übertragen.

Durch den Reiz wird ein periodischer Prozeß in Gang gesetzt. "Ein optischer oder akkustischer Reiz führt zu periodischen Entladungen in den angesprochenen Nervenzellen" (E. Pöppel). Diese Entladungen finden mit einer Periode von ca. 30 ms statt, wie man im EEG feststellen kann. Diese Periodizität der Entladungen gestattet kortikalen Strukturen gleichzeitig in parallelen Vorgängen die empfangenen Signale zu analysieren und während der periodischen Entladungen gleichzeitig das Sinnesorgan (z.B. den Blick) aufs neue auf den Reiz auszurichten. Die zentripetalen und zentrifugalen Erregungen der Sinnesempfindung bilden die schon öfter erwähnte rückgekoppelte Schleife zwischen den peripheren und kortikalen Systemen und stellen die Synchronizität zwischen der peripheren Entschlüsselung und den kortikalen Repräsentanzen her.

Kann man aber den Entschlüsselungsvorgang naturwissenschaftlich analysieren?

Die Antwort lautet: die Informationsübertragung der Sinne erfolgt ähnlich der Übertragung eines Fernsehbildes, in der der Informationsträger sowie der Code mehrmals wechseln; diese können naturwissenschaftlich analysiert werden. Aber um die elektromagnetischen Wellen des Bildschirms als Bilder zu empfangen, bedarf es eines Auges, also eines Sinnessystems, das den physischen Reiz in Sinnesqualitäten umwandelt. Ohne eine solche Beteiligung der Sinne gibt es auch keine Naturwissenschaften. Unmittelbar erfaßt und wahrgenommen können die Sinnesqualitäten nur von Sinnessystemen werden. Da sie aber nur in materiellen, bzw. neuralen Trägern existent sind, können sie über den neuralen Träger indirekt wissenschaftlich untersucht werden, wenn die neuralen Impulse und kortikalen Potentiale als Träger bestimmter Sinnesqualitäten nachgewiesen sind; dafür genügt auch der Nachweis der Parallelität von neuralen und psychischen Vorgängen.

Der Entschlüsselungsvorgang der Sinneswahrnehmung muß also unter zwei verschiedenen Aspekten untersucht werden; aber im Unterschied zum psychophysischem Parallelismus muß dann gezeigt werden, daß im physischen Vorgang der Transduktion oder Umformung physikalischer oder chemischer Reize in elektrische Reize des Sinnessystems wie auch in der Verarbeitung dieser Signale im Gehirn tatsächlich die Sinnesqualitäten übertragen und verarbeitet werden und nicht bloß eine nicht weiter untersuchte und unerklärbare Gleichzeitigkeit von Ereignissen stattfindet. Die Psychophysik, die Sinnes- und Neurophysiologie verfolgen mit naturwissenschaftlichen Methoden die vielfachen Umcodierungen der elektrischen Nervensignale im Thalamus, in den Colliculi superiores sowie in den sensorischen Feldern des Kortex. Tausende von Forschern rund um die Welt beobachten aber nicht nur den isolierten Code und neuralen Informationsträger und -speicher, sondern beziehen die bewußte Sinneswahrnehmung und -empfindung und andere Formen bewußten Verhaltens in ihre Versuchsanordnung ein: einfallsreich werden Tier und Mensch in diesen Experimenten zu Sinneswahrnehmungen, intentionalen Handlungen und Bewegungen sowie Erwartungen veranlaßt. Die Forscher beobachten also gleichzeitig das bewußte Verhalten, und wie bestimmte Strukturen, sensorische und motorische Felder entweder als Einheit antworten, oder wie sich einzelne Neuronen verhalten, wann sie feuern oder stumm bleiben.

Besonders diese intrazellulären Ableitungen aus einzelnen Zellen unter genauen Versuchsbedingungen haben viele neue Erkenntnisse gebracht. Mit raffinierten Färbungsmethoden konnte man zusätzlich die festen und variablen, z.T. reziproken Verbindungen zwischen Neuronengruppen, neuralen Feldern und subkortikalen Kernen sichtbar machen. Die Neuropsychologie bedient sich einer weiteren Methode, nämlich der Erforschung der Läsionsfolgen in den verschiedenen Gebieten des Gehirns. Da es aus technischen Gründen schwierig ist, mit Hilfe einer großen Anzahl von Elektroden gleichzeitig zu arbeiten, ergänzt man in letzter Zeit die anderen Methoden immer häufiger mit elektrophysiologischen Ableitungen der kortikalen Potentiale, vor allem aber mit den verschiedenen Formen der Tomographie und schließlich mit der Messung des metabolisch bedingten Blutflusses im Gehirn. Aber eine grundsätzliche Schwäche aller neurophysiologischen Untersuchungsmethoden ist, daß sie nie alle an einem bewußten Verhalten beteiligten neuralen Prozesse gleichzeitig zu erfassen vermögen, sondern immer nur Ausschnitte erreicht - eine Tendenz, die mit fortschreitender Spezialisierung zunimmt. Wegen der Fülle des Beobachtungsmaterials hat bisher auch niemand den Versuch unternommen, es in einem Computer zu speichern, um einen neuralen Prozeß im Gesamtvorgang des Organismus darzustellen.

Aber die Verbindung mit der Tätigkeit der Sinnessysteme des Versuchstiers oder der Versuchsperson wird in diesen Experimenten gewöhnlich sorgfältig beachtet. Während all dieser Untersuchungen wird in der Versuchsanordnung auch das bewußte Verhalten des Tieres oder der Versuchsperson beobachtet, etwa wie sie die Umweltreize wahrnimmt, sie erwartet, die Aufmerksamkeit auf sie richtet usw. Aus dieser Parallelität der Vorgänge sind der Einfluß der Sinnesqualitäten auf ihren neuralen Träger und die Art der Abhängigkeit einer Neuronengruppe von einer anderen schon aufgrund des zeitlichen Verlaufs feststellbar. Es hängt vor allem von der Perspektive des Forschers ab, solche Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu entdecken. Aber in diesen neuralen Prozessen des Gehirns sind die Sinnesqualitäten nicht selbst sichtbar, da ja nur die neuralen Mechanismen und Träger untersucht werden, die die Sinnesqualitäten wahrnehmen.

Da die Sinnesqualitäten direkt nur von den Sinnessystemen, die sie generiert haben, wahrgenommen werden können, können sie nicht mit den Instrumenten der erwähnten Methoden erfaßt werden. Deshalb existiert die phänomenale Welt der Farben, Töne und Düfte nur für Organismen, die mit Sinnessystemen ausgestattet sind; nur als eine Fortsetzung und Verstärkung der Sinnessysteme können Instrumente direkt an der Sinneswahrnehmung teilnehmen. Der Forscher, der an anderen Organismen die Wahrnehmung der Sinnesqualitäten erforscht, kann von außen nur die materiellen, bzw. neuralen Informationsträger direkt beobachten. Für den Beobachter der Informationsträger gibt es noch die Möglichkeit, daß er sich von der sprechfähigen Versuchsperson von ihren Wahrnehmungen der Sinnesqualitäten berichten läßt. Auch diese Befragungstechnik wurde von der experimentellen Psychologie so entwickelt, daß sie wissenschaftlichen Ansprüchen genügt. Der Forscher kann natürlich auch sich selbst als Versuchsperson beobachten.

Aber es gibt noch einen anderen zusätzlichen wissenschaftlichen Nachweis, daß in den untersuchten neuralen Prozessen tatsächlich die Sinnesqualitäten übertragen und verarbeitet werden. Dieser Nachweis beruft sich nicht auf introspektive Erfahrungen, sondern auf kontrollierbare Daten, gewissermaßen auf Meta-Daten; an einige soll nochmals erinnert werden:

  1. An bewußten Vorgängen der Sinneswahrnehmung müssen immer das Aktivierungssystem und spezifische sensorische Systeme gleichzeitig und zusammen tätig sein.
  2. In der präattentiven Phase, die der bewußten Sinneswahrnehmung vorausgeht, wird der kortikale Sinnesdetektor durch einen unbewußten Sinneseindruck ausgebildet. Ohne Sinnesdetektor findet keine Empfindung oder Wahrnehmung statt.
  3. Von Aufmerksamkeitsstrukturen des parietalen, präfrontalen und temporalen Assoziationskortex werden Sinnessysteme zentrifugal auf die mit dem Detektor abgestimmten Sinnesqualitäten des Reizes ausgerichtet.
  4. Die Sinnesqualitäten liegen im Gehirn nicht abrufbereit vor, ohne vorher durch das Sinnesorgan vom physischen Reiz abgelesen oder abgetastet worden zu sein.
  5. Andererseits ist die Sinneswahrnehmung ohne intakte kortikale sensorische Repräsentanzen nicht möglich (vgl. "Blindsehen").
  6. Die Sinneswahrnehmung findet in einer mehrfach rückgekoppelten zentripetalen und zentrifugalen Schleife zwischen Peripherie und Kortex statt, wobei die spezifische und die unspezifische Erregung zusätzlich miteinander auf verschiedenen Ebenen verschachtelt sind.
Diese und andere Daten geben uns Einblick in Prozesse der Sinneswahrnehmung, der Aufmerksamkeit sowie anderer bewußter Vorgänge und erlauben uns Schlüsse auf Vorgänge, die wir zwar noch nicht direkt beobachten können, die aber eine Voraussetzung für beobachtbare Prozesse sind. Daten dieser Art bietet uns die experimentelle kognitive Psychologie.

Die Evolution fand die Lösung eines Problems, nach der die Netzwerktheoretiker bisher vergebens gesucht haben; aber der Ausgangspunkt der Evolution war auch kein mechanisches Netzwerk, sondern ein Organismus mit einem zentralen Antriebssystem. Nur wenn man hinter den rückgekoppelten Erregungsschleifen der Sinnesempfindung die Tätigkeit eines handlungsfähigen Organismus sieht, begreift man, was in diesen rückgekoppelten Signalflüssen des Nervensystems geschieht. Die Entstehung der symbolischen Information in der Wechselwirkung zwischen physischem Reiz und Sinnessystem sowie die Entwicklungsstufen bis zur Wahrnehmung dieser Sinnesqualitäten durch die Aufmerksamkeit eines Säugetiers lassen sich lückenlos verfolgen (Hernegger 1995).

Die Entschlüsselung des neuralen Codes in der Empfindung

Das neurale Netz ist ein hochorganisiertes komplexes System von Nervenzellen, die bis in ihre molekularen Bestandteile zerlegt und erforscht werden können: sie haben weder als Gruppe noch einzeln ein "Innenleben"; sie können auch weder empfinden noch fühlen. Erst wenn das Sinnessystem zusammen mit den kortikalen Sinnesdetektoren vom Aktivierungssystem nach vorausgegangener Abstimmung und Vorbereitung auf einen Umweltreiz ausgerichtet wird, ist es zur Auf- und Übernahme der Sinnesqualitäten fähig bei der Wechselwirkung von Reiz und Sinnessystem. Unter der Kontrolle und Steuerung des Aktivierungssystems wandelt sich der Sinnesapparat mit Einschluß der kortikalen Sinnesfelder zu seinem kognitiven Organ. Dieser Wandel wird durch die vorausgehende kortikale Analyse der Signale aus dem peripheren Rezeptor und die damit einhergehende Bildung des kortikalen Sinnesdetektors eingeleitet; dieses Erkenntnisorgan des Aktivierungssystems nimmt die Außenreize durch seine komplementären Filter nur in Gestalt der Sinnesqualitäten wahr, denn die Filter sind nun auch die Rezeptoren der von ihnen generierten Sinnesqualitäten.

Aber wie wird die wahrgenommene Sinnesqualität zum Objekt der Aufmerksamkeit des Aktivierungssystems?

Nochmals zeigt sich die Wichtigkeit und Unersetzlichkeit der kortikalen Sinnesdetektoren, in denen die Sinnesqualitäten schon auf Grund des präattentiven Sinneseindrucks im neuralen Code repräsentiert und verschlüsselt sind; sie werden nun über einen rückgekoppelten Erregungskreis mit dem peripheren Sinnesrezeptor durch die wahrgenommenen Sinnesqualitäten entschlüsselt; dadurch erhalten die neuralen Repräsentanzen des Kortex semantische Bedeutung für die Zentralinstanz des Organismus, auf die sie ihre Aufmerksamkeit, d.h. ihre unspezifische Erregung zu richten vermag, bzw. sie bezieht diese Erregungsmuster der entschlüsselten Sinnesqualitäten in das eigene System ein und macht sie zu einem Teil des eigenen Systems. In der Tat ist das Aktivierungssystem über seine Erregung in der Lage, neurale Strukturen in seine Funktionseinheit einzubeziehen und sie wieder daraus zu entlassen. Die Einbeziehung des Sinnesapparats in seine Funktionseinheit macht ihn zu einem Erkenntnisorgan des Aktivierungssystems, das den Gesamtorganismus vertritt.

Vor der Empfindung wird im unbewußten präattentiven Sinneseindruck eine kortikale Repräsentation oder der Sinnesdetektor der Sinnesqualitäten im neuralen Code des Nervensystems ausgebildet. Dieser Code muß also entschlüsselt werden, damit die Information zum Objekt der Aufmerksamkeit werden kann.

Die mit dem Reiz abgestimmten Sinnessysteme werden unter der Kontrolle der Zentalinstanz zentrifugal auf den Reiz ausgerichtet, um die neuralen Repräsentanzen oder den neuralen Code des Kortex in der Begegnung mit dem Reiz durch die Empfindung oder Wahrnehmung der Sinnesqualitäten zu entschlüsseln. Entschlüsselung ist die Umwandlung eines Codes in einen Code, bzw. in eine "Sprache", die der Empfänger "versteht".

Der Empfänger, der die Sprache der Sinnesqualitäten "versteht", ist nicht das isolierte Nervensystem, in dessen Code die Information ja bereits gespeichert ist, sondern der zur Außenwelt gewandte Organismus mit seinen Sinnessystemen, der am Beginn weder fühlen, empfinden noch wahrnehmen konnte, weil er keine entsprechenden inneren Zustände hatte, sondern nur von außen symbolische Informationen aufnehmen konnte und dafür mußten das Sinnessystem und der sensorische Kortex zu einem Erkenntnisorgan umgewandelt werden.

Die Entschlüsselung findet über den rückgekoppelten Erregungskreis zwischen Sinnesrezeptor und kortikalem Detektor statt. Während die Reizsignale nach innen zum Gehirn gesandt werden, richtet das Hirn das Auge oder Ohr (die Sinnesrezeptoren) nach außen. Über die retikulären Erregungsbahnen sind aber auch das limbo-vegetative und das periphere Nervensystem, also der gesamte Organismus in diesem Prozeß der Empfindung und Wahrnehmung involviert, zumal die somatosensorische Wahrnehmung an jeder anderen Sinnesempfindung mitbeteiligt ist. In der Sinnesempfindung findet über diese komplexen Schleifen eine Rückkoppelung zwischen Organismus und Nervensystem statt und nicht nur eine Rückkoppelung im neuralen Netz, wie Edelman und die meisten Neurowissenschaftler vertreten, die sich um eine Erklärung des Bewußtseins bemühen. Deshalb sind an den Zuständen, mit denen der Organismus die Sinnesempfindungen beantwortet, nicht das Nervensystem allein, sondern der ganze Organismus beteiligt. Durch die Rückkoppelungsschleifen aber werden die beiden Bereiche integriert. Der Organismus ist also der Empfänger der Information, für den der neurale Code entschüsselt werden muß.

Die Sinneswahrnehmung wird über zwei getrennte Bahnen den entsprechenden kortikalen Sinnesfeldern gemeldet. Bis zum Hirnstamm leitet eine Bahn aus dem Rückenmark die sensorischen Signale: im Hirnstamm zweigen Kollaterale zu verschiedenen retikulären Kernen des Aktivierungssystems ab.Während die spezifischen sensorischen Bahnen über spezifische Schaltkerne des Thalamus zu den sensorischen Feldern des Kortex weiterlaufen, teilt sich die unspezifische Erregung im retikulären System des Hirnstamms in mehrere Kanäle auf, von denen ein Kanal zum Frontalhirn, auch limbischer Kortex genannt, zieht und eine Parallelbahn über die unspezifischen, intralaminaren Thalamuskerne zu den gleichen Kolumnen der kortikalen Sinnesfelder zieht wie die spezifische Bahn, aber in den oberen Schichten (gewöhnlich I und II) und in Schicht VI der Kolumnen endet, während die spezifische Bahn in Schicht IV derselben Kolume ihre Zielzellen hat. Rückgekoppelte Schleifen zwischen Peripherie und Kortex sowie zwischen spezifischen und unspezifischen Erregungen stellen die Synchronizität dieser Vorgänge her.

Der rückgekoppelte Erregungskreis der Sinnesempfindung und -wahrnehmung findet dann so lange und so oft statt, bis zwischen der peripheren phänomenalen Erfassung der Sinnesqualitäten und der kortikalen Repräsentation eine feste Verknüpfung stattgefunden hat. Wir wissen heute, daß das Kurzzeitgedächtnis in die Langzeitverknüpfung über das hippokampale System übergeht. Diese Verknüpfung muß aber immer wieder erneuert werden, entweder durch die gleiche Sinneserfahrung oder im Traum (REM-Phase des Schlafes). Die vollkommene sensorische Deprivation veranlaßt das Gehirn zu Halluzinationen, in denen wie im Traum gespeicherte Muster endogen wieder aktiviert werden, ohnedaß ein entsprechender Außenreiz dahinter stünde.

In den unspezifischen neuralen Mustern des Langzeitgedächtnisses, die zu den spezifischen Mustern komplementär sind, werden die Aufmerksamkeitszustände des Aktivierungssystems gespeichert, mit denen der Organismus die Entschlüsselung der Sinnesqualitäten wahrgenommen hat. Diese Zustände müssen durch Übung immer wieder erneuert und mit dem neuralen Code verknüpft werden.

Mit jeder neuen Erfahrung ist die Tendenz verbunden, die Sinneserfahrung der Sinnesqualitäten vom Umweltreiz zu lösen, zu verselbständigen und zur operablen "Münze" der Zentralinstanz zu machen; parallel zu dieser Lösung vom Außenreiz geht die Verknüpfung der entschlüsselten Sinnesqualitäten mit der neuralen Repräsentanz. Jede Sinnesempfindung ist eine Übertragung der symbolischen Information von außen, von der Peripherie auf neurale Repräsentanzen über ein Muster von sensorischen Bahnen, die am Ende ein kortikales Erregungsmuster bilden.

Die Wandlung des Codes der symbolischen Information

Bis zum Auftreten von Organismen mit Sinnessystemen galt in biologischen Systemen der Schlüssel-Schloß-Mechanismus als Informationscode, über den auch die Information übertragen werden konnte. In den Genen, im Immunsystem sowie bei der synaptischen Informationsübertragung ist dieser Schlüssel-Schloß-Mechanismus zwischen Ligand und Rezeptormolekülen immer noch wirksam.

Mit den Sinnessystemen der Organismen trat eine ganz neue Form der Informationscodierung auf: nämlich die am Beginn beschriebene symbolische Information. Der Übergang von einem Informationsfilter zu einer von ihm erzeugten und von ihm losgelösten Information in Gestalt der Sinnesqualitäten war ein recht umständlicher Vorgang, zumal die Sinnesqualitäten ohne einen materiellen Träger nicht zu existieren vermögen: dem neuralen Netzwerk wird die symbolische Information der Sinnesqualitäten zuerst im neuralen Code von Nervenimpulsen übertragen und als Erregungsmuster von Neuronenverbänden gespeichert. Die Zentralinstanz des Organismus mußte sich diesen Code erst in der Sinnesempfindung wieder entschlüsseln und die so entschlüsselten Sinnesqualitäten mit ihren kortikalen Repräsentanzen verknüpfen.

Bei der Umwandlung der Sinnesqualitäten zu einem Objekt des Aktivierungs- oder Aufmerksamkeitssystems spielt die somatosensorische Empfindung eine entscheidende Rolle: Sie geht allen Empfindungen und Wahrnehmungen entweder voraus oder läuft parallel mit ihnen ab. Der eigene Körper ist im parietalen Kortex (in Area 1,2,3,5 und 7) mehrfach repräsentiert und empfängt über den somatosensorischen Sinn Reizsignale aus der gesamten Körperoberfläche, aber auch aus den Gelenken und Muskeln; diese exterozeptiven somatischen Sinne werden durch die interozeptiven Sinne aus dem Bereich des peripheren und vegetativen Nervensystems ergänzt. Dieser somatische Sinn, der mit der Motorik und mit dem Aktivierungssystem rückgekoppelt ist, nimmt in der Entwicklung des Bewußtseins eine zentrale Rolle ein: die Selbstreferenz von Peripherie und kortikaler Repräsentanz über die Rückkoppelung zwischen Somatomotorik und -sensorik ist die rahmenbildende Wahrnehmung für alle übrigen Empfindungen und Wahrnehmungen, d.h. wenn diese gespeicherte Erfahrung des eigenen Körpers einmal auf die skizzierte Weise begonnen hat, so wird sie kontinuierlich fortgesetzt und erweitert. Diese somatosensorischen Sinnesqualitäten über den eigenen Körper bilden die ersten "Sprachelemente" des Gehirns. Sie sind zugleich ein Zustand des Körpers und ein Objekt der Aufmerksamkeit, d.h. die somatosensorischen Sinnesqualitäten sind Erfahrungen von Zuständen des Körpers. Die eigenen Zustände des Körpers konnten nur dadurch zum Objekt der Aufmerksamkeit werden, daß sie als symbolische Informationen über die physischen Eigenschaften der auf den Körper einwirkenden Reize auf die uns bekannte Weise wahrgenommen werden. Diese somatosensorischen Empfindungen sind deshalb so einmalig, weil sie auch ohne Beteiligung anderer Sinnesempfindungen stattfinden können: der Zustand des eigenen Körpers kann nur als symbolische Information wahrgenommen werden oder anders gesagt: nur die symbolische Information der somatosensorischen Sinnesqualitäten kann Objekt der Aufmerksamkeit sein und wahrgenommen werden; die somatosensorischen Sinnesqualitäten vertreten die physischen und energetischen Vorgänge am Körper. Eine unendliche Reihe oder ein unendlicher Regreß von Zuständen wird so vermieden. Die erste Sinneswahrnehmung kann nicht auf einen anderen Zustand, auf eine Empfindung oder ein Gefühl, zurückgreifen; es ist wirklich der Beginn eines Vorganges, aus dem und in dem bewußte Wahrnehmung entsteht und stattfindet: der Organismus nimmt seinen Zustand über die symbolische Information der somatosensorischen Sinnesqualitäten als Objekt seiner Aufmerksamkeit wahr.

Jede Sinnesempfindung und -wahrnehmung kann nur über die symbolische Information der Sinnesqualitäten stattfinden, denn einen anderen Weg, Objekt der Aufmerksamkeit oder der sensorischen Erkenntnis zu werden, gibt es nicht. Es ist naiv und unreflektiert, dem Nervensystem die Fähigkeit zuzuschreiben, die eigenen Prozesse und Zustände unmittelbar zu erfahren. Nur die symbolische Information kann zum Objekt der Aufmerksamkeit werden, auf das das sensorische, bzw. kognitive System ausgerichtet wird; d.h. nur solche Eigenschaften physischer Ereignisse oder Objekte können wahrgenommen werden, die in Sinnesqualitäten umgewandelt wurden. In dieser Objektbildung haben das Bewußtsein und das Erkennen ihren Ursprung.

Die somatosensorische Empfindung erfolgt u.a. über reziproke Bahnen des unspezifischen mediodorsalen Thalamuskerns zu den somatischen Feldern des parietalen Kortex. Die somatosensorischen Empfindungen sind in besonderer Weise, unmittelbar und unzertrennlich, mit der Erregung des Aktivierungssystems verknüpft. Die selbstreferente somatosensorische Entschlüsselung ist die Voraussetzung für jede subjektive Erfahrung und der damit verbundenen Zustände, denn in diesem Fall fallen der Objekt- und Zustandscharakter der Sinnesqualitäten in der entschlüsselten Sinnesqualität zusammen: mit der somatosensorischen Wahrnehmung hat der Organismus zugleich ein Objekt seiner Aufmerksamkeit, aber das Objekt ist der Zustand des eigenen Körpers. Deshalb ist in diesem Zusammenhang von Selbstreferenz die Sprache. Der Doppelcharakter der entschlüsselten Sinnesqualitäten als Objekt der Aufmerksamkeit und als Zustand des Aufmerksamkeitssystems wird damit erklärt, daß das Aktivierungssystem die als Objekt ihrer Aufmerksamkeit erfaßten entschlüsselten Sinnesqualitäten über die unspezifische Erregung in das eigene System einbezieht, bzw. das Aktivierungssystem sich auf die kortikalen Strukturen ausdehnt, die der sensorischen Repräsentation dienen. Grundlage für diese Annahme ist die schon erwähnte Tatsache, daß Sinnesqualitäten nur dann bewußt werden, wenn die Erregung der spezifischen Sinnessysteme und des unspezifischen Aktivierungssystems in eine gemeinsame synchrone Erregung zusammenfließen.

Die Wahrnehmung der Sinnesqualitäten erfolgt über die vorhin skizzierten Erregungsschleifen in den verschiedenen Erregungsmustern der sensorischen Felder und der präfrontalen, parietalen und temporalen sowie der subkortikalen, retikulären und limbovegetativen Anteile des Aktivierungssystems; der in diesen Erregungsmustern sich artikulierende Organismus ist Träger und Subjekt der Sinneswahrnehmung; dieser Organismus hat im Aktivierungssystem das Organ, um die Aufmerksamkeit kortikaler Überwachungsstrukturen auf den Entschlüsselungsvorgang zu lenken, bzw. um gespeicherte Repräsentanzen wieder zu aktivieren.

Dieser seine unspezifische Erregung auf verschiedene kortikale Überwachungsstrukturen verteilende Organismus ist es also, der empfindet und wahrnimmt. Wenn die Erregung des Aktivierungssystems abgeschaltet wird, nimmt der Organismus auch nichts mehr wahr. Der Organismus, bzw. sein Aktivierungssystem befindet sich auf diese Weise in einem durch den Vorgang der Sinneswahrnehmung beeinflußten Zustand; dieser Zustand wird selbst nicht bewußt, denn bewußt wird nur das, was er hervorbringt und worauf er selbst ausgerichtet ist, nämlich die wahrgenommenen Sinnesqualitäten; dazu gehören allerdings auch die somatosensorischen und interozeptorischen Wahrnehmungen, die auch Zustände des Körpers sowie des vegetativ-viszeralen Nervensystems umfassen. Der Hinweis auf diesen der bewußten Wahrnehmung zugrunde liegenden Zustand des Organismus ist für das Verständnis der Wiederaktivierung des Gedächtnisses wichtig, da postuliert wird, daß das Programm seiner Wiedererweckung in dem unspezifischen Speicher codiert ist. Der gleiche Zustand befähigt den Organismus, die entschlüsselten Sinnesqualitäten als Objekt seiner Aufmerksamkeit wahrzunehmen.

Vor der Entstehung des Bewußtseins gibt es weder Sinnesempfindungen noch Gefühle, Wahrnehmungen von Sinnesqualitäten und Vorstellungen. Das Gehirn konnte diese psychischen Vorgänge auch nicht einfach selbst generieren. Es konnte also nur von außen oder von der Umwelt Informationen aufnehmen und diese in selbsterzeugte Sinnesqualitäten konvertieren. Der Weg zur bewußten Empfindung und Wahrnehmung führte vom Filter der Sinnessysteme über den neuralen Code des Gehirns zu seiner Entschlüsselung auf Grund der Interaktion vieler komplementärer Systeme. Die nichträumlichen Sinnesqualitäten selbst sind die Elemente, aus denen sich räumliche Gestalten, Bewegungen und Orientierungen von Körpern aufbauen. Das Informationssymbol der nicht-räumlichen Eigenschaften hat keine Ähnlichkeit mit dem Informationsträger oder mit dem Code, der häufig auch Informationsträger ist. Aber der Gehirncode für räumlich-zeitliche Eigenschaften behält eine räumlich-zeitliche Ähnlichkeit, eine Quasi-Isomorphie mit den räumlichen Reizeigenschaften; seiner Analyse dienen mehrere Nervenstrukturen im peripheren Rezeptor, im Thalamus und in den sensorischen Feldern des Kortex. Und diese räumlichen sekundären Sinnesqualitäten bilden die Elemente für Objekte, Klassen von Objekten und von ganzen Kategorien.

Mit diesem unerschöpflichem Reservoir von symbolischen Informationen kann nun das Gehirn des Menschen selbst kreativ zum Konstrukteur neuer mentaler Welten werden. Die Elemente der symbolischen Information, nämlich die Sinnesqualitäten, sind in ihrer Kombinationsfähigkeit ebenso unerschöpflich wie die Laute der menschlichen Sprache. In der Tat verbindet die Sinnesqualitäten eine Entwicklungslinie mit der menschlichen Sprache.

Ich rekapituliere die entscheidenden Entwicklungsetappen zum Bewußtsein:

  1. Den Ausgang der Entwickung bilden die Sinnessysteme mit den Filtern der Sinnesqualitäten, den Elementen der symbolischen Information.
  2. Dieses Sinnessystem wandelte sich mit der Entwicklung des kortikalen Netzwerks und des zentralen Antriebs- oder Aktivierungssystems zu einem zentral gesteuerten Organ.
  3. Jeder neuen Wahrnehmung geht ein präattentiver Sinneseindruck zur unbewußten Analyse der Reizsignale voraus, sodaß vor der Wahrnehmung ein Sinnesdetektor gebildet wird. In der zweiten bewußten Phase der Sinneswahrnehmung kann deshalb das Sinnessystem zentrifugal mit seinen mit dem Reiz abgestimmten Filtern selektiv auf den Umweltreiz ausgerichtet werden; diese Sinnesfilter passen zu den Sinnesqualitäten wie der Schlüssel zum Schloß. Die so erfaßten Sinnesqualitäten sind die Entschlüsselung der neuralen Repräsentanzen des Kortex. Der periphere Vorgang ist über einen rückgekoppelten Erregungskreis mit den sensorischen Zielneuronen des Kortex zur Einheit verbunden. Die langzeitliche Verknüpfung zwischen neuralem Code und seinem Entschlüsselungscode erfolgt durch Lernen.
  4. Die symbolischen Informationen oder Sinnesqualitäten werden so zum Objekt der zentralen Aufmerksamkeit. In dieser Objektbildung haben Erkentnnis und Bewußtsein ihren Ursprung.
Mit der bloßen Beschreibung des neurophysiologischen Substrats der Sinnesempfindung und -wahrnehmung, mag sie auch noch so umfassend und detailliert sein, können nur die beobachtbaren Vorgänge dargestellt werden, die die bewußten Wahrnehmungsprozesse begleiten. Die verbreitete Einstellung des psychophysischen Parallelismus begnügt sich mit der Beschreibung der Korrelation oder des Parallelismus zwischen physischen (neurophysiologischen) und psychischen (bewußten, phänomenalen) Vorgängen, ohne zu erklären, wie das bewußte Verhalten aus den neurobiologischen Voraussetzungen entstanden ist. Die Behavioristen neigen dazu, die Beschreibung der physischen, bzw. neurophysiologischen Prozesse mit ihrer Erklärung zu verwechseln. Um zu verstehen, was in den neurophysiologischen Prozessen vor sich geht, war es nötig, sie in einen umfassenderen Rahmen von Relationen und Interaktionen zu setzen, in dem das zentrale Nervensystem nicht vom übrigen Organismus getrennt und isoliert und als autonome und selbständige Entität behandelt wird.

Wir haben den psychophysischen Parallelismus, der im Laufe eines Jahrhunderts einen unschätzbaren Reichtum an Beobachtungen und Daten gesammelt hat, durch ein anderes Modell ersetzt, das die Interaktion verschiedener nicht mehr aufeinander reduzierbarer Komponenten, wie Information und Nervensystem, zu erklären versucht. Die Beobachtungen des psychophysischen Parallelismus gewinnen in diesem Erklärungsmodell einen neuen Stellenwert und eine andere Interpretation: aus der zeitlichen Korrelation von untrennbaren Ereignissen werden jetzt Wechselwirkungen, Abhängigkeiten, Interaktionen von Systemen, die neue Produkte generieren und neue Systemeigenschaften hervorbringen. Der Vorgang der Sinneswahrnehmung kann von der Sinnesphysiologie und von der Wahrnehmungspsychologie getrennt beschrieben werden; beide Beschreibungen sind richtig. Dieselbe Sinneswahrnehmung kann aber auch - wie hier - unter Voraussetzung der beiden anderen als Informationsprozeß eines dynamischen kybernetischen Systems beschrieben werden. Alle drei Beschreibungen haben ihre Berechtigung, sie beantworten aber verschiedene Fragestellungen.

Die hier vorgelegte Beschreibung stützt sich nicht nur auf die neurophysiologischen und psychologischen Forschungsergebnisse, sondern integriert sie auch: sie untersucht Systemebenen des Organismus und deren Relation zueinander. E. Pöppel formuliert diesen systemischen Ansatz mit der Frage: "Wie entstehen im biologischen System die einzelnen Systemebenen; wie geht etwas Höheres aus einer niederen Ebene hervor"?

Bewußtsein hat viele Facetten und man kann es recht unterschiedlich definieren: Einerseits ist es keine selbständige Wesenheit, die außerhalb des Körpers und über dem Nervensystem schwebt; andererseits kann es entgegen der sogenannten Identitätstheorie nicht identisch mit dem Nervensystem sein, denn bewußt werden zunächst symbolische Informationen über die Außenwelt, die von außen aufgenommen und nicht vom Nervensystem allein erzeugt werden.

Am Bewußtseinsprozeß sind also immer zwei nicht mehr reduzierbare Elemente beteiligt: der erkennende Organismus und die erkannte Information, an der wiederum zu unterscheiden sind die Information über die physischen Eigenschaften des Außenreizes und das selbst generierte Symbol (die Sinnesqualität), über das die Information vom Sinnessystem empfangen wird. Diese symbolische Information geht also über die neuralen Prozesse hinaus und ist nicht auf sie reduzierbar. Der Sinnesapparat und der sensomotorische Kortex entwickeln sich immer mehr zu Organen der Übertragung, Analyse,Verarbeitung und Speicherung dieser symbolischen Informationen, die sie bei der Übertragung vom peripheren Sinnesrezeptor zum kortikalen Netzwerk von einem Code in den anderen umcodieren, um schließlich die kortikalen Repräsentanzen wieder in die ursprüngliche Sprache zu entschlüsseln. Was in all diesen Transformationen erhalten bleibt, ist die symbolische Information. Sie kann also nicht mit dem sie übertragenden, verarbeitenden und codierenden Nervensystem identifiziert und verwechselt werden.

Die Sinnesqualitäten haben seit J. Locke (1632-1704) die Denker der Neuzeit ununterbrochen beschäftigt. Für I. Kant (1724-1804) waren sie eher subjektive Formen, unter denen wir die Dinge anschauen und die den Blick auf das "Ding an sich" eher verhindern. Der Begriff der Information spielte damals noch kaum eine Rolle, aber der Shannon'sche Informationsbegriff erwies sich bei allen Versuchen, ihn in Relation zum Bewußtsein zu bringen, als ungeeignet. Es war eine andere Gedankenströmung der Neuzeit, die mit der "Philosophie der symbolischen Formen" von E. Cassirer, mit der "Sprachtheorie" von Karl Bühler oder mit "Das Symbol im Denken, im Ritus und in der Kunst" von Susanne K. Langer - um nur einige zu nennen - den Begriff der symbolischen Information vorbereitete, den die amerikanischen Nachrichten- und Regelungsingenieure beim Entwurf ihrer Informationstheorie wohl kaum berücksichtigt haben. Mit dem Verständnis der Sinnesqualitäten als Elemente der symbolischen Information über die physischen Eigenschaften der Umweltreize eröffnen sich der Bewußtseinsforschung ganz neue Perspektiven und Erklärungsmöglichkeiten: Die Bewußtseinsforschung ordnet sich ein in die Grundlagenforschung der Sprachtheorie, womit die Entstehung der menschlichen Sprache den Anschluß an die phylogenetische Entwicklung gewinnt und umgekehrt die Bewußtseinsforschung von der Sprachforschung, ihren Methoden und Kategorien profitiert, wenn nur der weitverbreitete Kurzschluß vermieden wird, das Bewußtsein an die Entstehung der menschlichen Sprache zu knüpfen, also die Wirkung mit der Ursache zu verwechseln. Es ist nicht auszuschließen, daß das Informationsmaß von Shannon und der seitdem ausgebildete mathematische Formalismus der Informationstheorie auch auf die symbolische Information angewendet werden können und diese quantifizierbar wird. Allerdings ist eine solche Quantifizierung der Information nicht zu verwechseln mit einem mathematischen Erklärungsmodell des Bewußtseins, von dem wir noch weit entfernt sind.


Literaturverzeichnis:

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Ein Diskussionsbeitrag zu den Neurowissenschaften.
556 S. Erschien im Juni 1995 im Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg.
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Der Autor:

R. Hernegger
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