Das Musikpendel in der TU Muenchen
Das
musikalische
Magnetpendel

Das Pendel über drei Magneten ist ein bekanntes Beispiel für ein chaotisches System. (vgl.: Spektrum der Wissenschaft, Januar 1993, Seite 72) Etwas modifiziert kann es außer als kinematisches Ausstellungsobjekt auch zur Produktion von "chaotischer Musik" und zur akustischen Demonstration von komplexer symbolischer Dynamik dienen.

  1. Mechanischer Aufbau
  2. Erzeugung von MIDI-Signalen
  3. Hörbarmachen von symbolischer Dynamik
  4. Ein Demo-Midi-File zum downloaden.
Das Megnetpendel wurde vom Arbeitskreis Chaos, Musik und Kunst der Chaosgruppe e.V. unter der Leitung von Elisabeth Zahner und Peter Neubäcker gebaut. Neben Peter, der auch die meiste tatsächliche Arbeit übernahm waren mit Ideen und/oder mit Arbeit beteiligt: Matthias Ditsch, Werner Eberl, Jens Groh, Stefan Wladarsch, Elisabeth Zahner.

Mechanischer Aufbau

Das Magnetpendel, das bereits auf zahlreichen Veranstaltungen zu bewundern war, ist als tetraedrische Holzkonstruktion mit einem gleichseitigen Dreieck von ca. 1.50m Seitenlänge und einer Höhe von etwa 3m konstruiert.

An der Spitze des Tetraeders ist mittels eines einwertigen Lagers ein frei beweglicher Pendelarm befestigt. Das untere Ende des Pendelarms besteht aus einem Permanentmagneten und einem zusätzlichen, koaxial aufgewickelten Elektromagneten. Der Elektromagnet dient zur Elimination der Dämpfung und wird über eine elektronische Schaltung angesteuert.

Auf die Bodenfläche des Tetraeders ist ein hexagonaler Kasten aufgesetzt, der vier Permanentmagneten und ein Array von 60 Reedschaltern trägt.

Im Gegensatz zu dem üblichen Pendel über drei Magneten verfügt dieses Pendel über einen zusätzlichen vierten, zentral angebrachten Magneten. Besonders ist außerdem, daß alle vier Magneten für das Pendelende abstoßend wirken.


Erzeugung von MIDI-Signalen

Ist das Pendel in Bewegung überstreicht der Pendelmagnet entsprechend seiner Bahnkurve nacheinander verschiendene Reedschalter. Die Reedschalter sind mit einem Key-to-midi-Interface verbunden, das Midi-Signale "note-on" on "note-off" liefert. Der Note-On-Parameter "velocity" ist dabei konstant und kann deshalb nicht zur Lautsärkemodulation o.ä. verwendet werden.

Diese Midi-Signale (Demo-Midi-File) könnte man jetzt direkt mit einem Synthesizer verbinden. Dies hätte aber den Nachteil, daß die Zuordnung zwischen Reedschalten und keynumber unveränderlich ist und auch sonst keine Variationsmöglichkeiten bestehen. Peter Neubäcker schrieb deshalb ein Programm für Atari ST, mit dem man Zuuordnungen und Modulationsparameter mit Hilfe einer grafischen Oberfläche modifizieren und abspeichern kann.


Hörbarmachen von symbolischer Dynamik

Wird das Pendel einmal angestoßen, vollführt es Bewegungen, entsprechend den Gesetzen der Physik. Als gutes Modell dient hier eine vierdimensionale, gewöhnliche Differentialgleichung für die beiden Koordinaten des Pendelortes und der Pendelgeschwindigkeit. Auch den Einfluß der Entdämpfungsschaltung kann man mit diesem vierdimensionalen Modell erfassen.

Aufgrund der Nichtlinearität des Systems und dem Vorhandensein von mehr als zwei Dimensionen kann es zu chaotischen, d.h. aperiodischen Bahnen kommen. Dies merkt der Zuschauer/Zuhörer daran, daß sich keine Bewegungs-/Ton-Sequenz sich nicht irgendwann wiederholt.

Schreibt man die Noten als Buchstaben nacheinander auf, so ergeben sich - wie in einem Roman - zwar keine Wiederholungen im Sinne einer Periode; die Buchstabenfolge ist aber auch nicht zufällig, sondern gehorcht einer Grammatik. Diese ist im Falle des Romans durch die Sprache gegeben, im Falle des Musikpendels durch die physikalischen Gesetze. Grammatik heißt dabei nicht anderes als daß nicht alle beliebigen Sequenzen auftreten können, sondern nur eine Teilmenge davon.

Verwendet man statt eines Klang-Syntesizers einen Sampler mit aufgesprochenen Silben, so "spricht" das Pendel. Die Grammatik seiner Sätze ist dabei Ausdruck der physikalischen Gesetze, denen es gehorcht.


Werner Eberl, 1995-12-17